3.1 Die Zehn Gebote

Die Zehn Gebote

Durch Mose hat Gott dem Volk Israel die Zehn Gebote gegeben. Sie bestehen aus zwei Tafeln.

Auf der ersten Tafel geht es um Gott. Er hat sich seinem Volk zu erkennen gegeben und will doch nicht in den Dreck von privaten Interessen und dummen Ideen gezogen wer­den. Er will nicht, wir uns Bilder von ihm machen und seinen Namen miss­brauchen mit Fluchworten oder mit scheinheilig falschen Versprechen. – Mit dem vier­ten Gebot aber gibt er dem Leben einen wohltuenden Rhythmus. Die tägliche Arbeit wird geheiligt durch das, was den Ruhetag erfüllt. Wie sollte der unsicht­bare Gott eine lebendige Wirklichkeit für uns bleiben, wenn wir für sein Wort keine Zeit haben?

Auf der zweiten Tafel steht geschrieben, was die Menschen schützt vor gegenseitigem Unrecht. Was diese Gebote sagen, gilt bis heute bei allen Völkern. Alle Lehrer des Rechts fordern es: Keiner soll tun, was er nicht möchte, dass ein anderer es ihm antut! Wir sollen nicht töten, nicht eine Ehe brechen, nicht stehlen, nicht andere verleumden, nicht neidisch begehren, was anderen gehört. Und wir sollen Vater und Mutter ehren. Denn sie haben mehr Lebenserfahrung. Ihnen verdanken wir, was wir Gutes haben, und müssen ihnen vergeben, was sie uns Ungutes auferlegen.

Jesus hat das zusammengefasst mit dem Doppelgebot der Liebe: Wir sollen Gott lieben, kritiklos, von ganzem Herzen und mit all unseren Kräften. Und wir sollen unseren Nächsten lieben, so wie wir uns selber vernünftigerweise lieben: Nüchtern, kritisch, geduldig und wohlwollend. Denn kein Mensch ist nur liebenswert.

Es sind insgesamt nur zwei Gebote und acht Verbote. Sie fordern nicht viel, nichts Unmögliches. – Und doch: Wer hat diese Gebote alle gehalten? – Warum nicht?

Erkenntnis der Sünde

Wir Menschen reden gern von dem, was andere nicht gut machen, und übertreten doch selber die Gebote, von denen wir zugeben, dass sie gut sind. Wir haben grosse Träume von einer gerechten Welt und tun doch selber, was nicht recht ist. Wenn wir in den Spiegel der Zehn Gebote schauen, merken wir: Nicht nur die anderen sind schuld daran, dass vieles nicht gut geht. Wir sind mitschuldig. Die Bibel beschreibt uns Menschen mit einem unangenehmen Wort: «Ich bin als Sünder geboren», klagt David, nachdem der Prophet Nathan ihn dazu gebracht hat, über sich selber das Todesurteil zu sprechen, weil er die Ehe gebrochen und den treuen Soldaten Uria in den Tod geschickt hatte. Verzweifelt musste David erleben: Meine Schuld treibt meine Kinder ins Unheil.

Durch das Gesetz, schreibt der Apostel Paulus, können wir erkennen, was sonst ein giftiges Rätsel bleibt: Die alles verderbende Macht der Sünde. Sie ist nicht nur ein Schicksal. Wir wissen, was gut und was böse ist. Und trotzdem verharmlosen wir die Sünde, witzeln und verdrängen und entschuldigen sie – bis ein klares Wort sie aufdeckt und Gott uns gnädig ist, so dass wir uns schämen und das Unrecht bereuen.

Viel unheimlicher noch sagen die heiligen Schriften Israels: Die Sünde macht nicht nur uns das Leben schwer. Sie erregt den Zorn Gottes. Sie bewirkt, dass er sich verbirgt und sein Volk den Mächten dieser Welt überlässt.

 

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Rembrandt van Rijn: Mose zerschlägt die Gesetzestafeln