Das Schuldopfer
In allen Religionen werden blutige Opfer dargebracht. Im Tempel in Jerusalem wurden nach den Vorschriften des Gesetzes jeden Tag Tiere getötet zum Schlacht- und zum Brandopfer. Mit vielen strengen Vorschriften war geregelt, was die Priester für das Volk tun mussten. Alle sollten spüren: Es ist nicht selbstverständlich, dass wir Frieden haben mit Gott. Dafür muss Blut vergossen werden. Blut, in dem das Leben ist.
Das ist nötig. Denn Gott ist heilig. Wir aber sind nicht heilig.
Wer kann das verstehen?
Jedes Jahr sind die Israeliten zum Passafest nach Jerusalem gezogen. Sie haben das Lamm geschlachtet und ihren Kindern erzählt von dem, was geschehen ist, als sie zum Volk Gottes wurden: Mit grausamer Präzision hat der Todesengel Angst und Leid in die Häuser der Ägypter getragen. An den Israeliten aber ist das Unheil vorbeigegangen. Das Blut des Lammes war das Zeichen. Miteinander haben sie das Lamm gegessen und wurden verschont.
Wer kann das verstehen?
Auch Jesus hat mit seinen Jüngern das Passa gefeiert. Und er hat dabei etwas Unheimliches getan. Zum Voraus schon hat sein Sterben zu einer Quelle der Hoffnung und Freude gemacht. Dem Tod, den er am nächsten Tag sterben musste, hat er einen Platz in der gottesdienstlichen Gemeinschaft seiner Schüler gegeben. Sein qualvolles Sterben soll eine heilende Wirkung haben.
Mit seinem Leiden hat Jesus das Opfer gebracht, das Gott versöhnt und vielen Frieden schafft. Und er hat selber die religiöse Handlung eingesetzt, durch die sein Tod gegenwärtig bleibt: Seine Nachfolger sollen das Abendmahl feiern. Durch diese Feier wird für sie wirksam, was Jesus mit seinem Tod erworben hat.
Wer kann das verstehen?
Ein einzigartiger Gottesdienst: Priester und Opfer sind eins
Auf der ganzen Welt gibt es nichts Vergleichbares: Eine gottesdienstliche Handlung, für die der Stifter selber gestorben ist. Eine Religion, in der nicht die Menschen ihren Göttern Opfer bringen. Nein, Gott schenkt ihnen, was er für sie erlitten hat.
Dieses grösste Geheimnis des Lebens will ein Geheimnis bleiben. Wir können es im Glauben annehmen und verehren. Wir gehen zum Abendmahl – nicht, weil wir es wert sind. Sondern weil Jesus es uns so befohlen hat. Er ist es wert, dass wir seinem Ruf folgen. Viel hat es ihn gekostet! Wenig, fast nichts, kostet es uns. Wie gedankenlos ist es, wenn Menschen den Frieden mit Gott haben wollen ohne das Abendmahl!
Unrecht muss gesühnt werden
Denn es ist so, wie die Bibel es darlegt: Lüge und Neid und Gier bringen unvorstellbar viel Leid über Gott und seine Geschöpfe. Vieles davon hat niemand gesehen – nur Gott. Das Blut der Unschuldigen, das vergossen worden ist, schreit von der Erde zu ihm. All das will Gott nicht einfach nur wegwischen. Es darf nicht nur vergessen gehen. Jesus hat mit seinem Leiden dafür gesühnt. Er hat die Schuld der Menschen abgetragen und hat den Zorn Gottes gestillt. Jedem, der ihn darum bittet, darf er darum vergeben. Das Recht dazu hat er sich erworben mit seinem unschuldig vergossenen Blut.
Matthias Grünewald, um 1515, Isenheimer Altar